15. April – Karfreitag

Heute gibt es Fisch in meiner kleinen Küche. Mein Karfreitag ist nicht wie sonst – in Italien herrscht hektische Betriebsamkeit. Für das Leiden Jesu haben sie keine Zeit. Aber in mir klingt noch mein kleiner, schöner Gottesdienst von gestern nach und legt über alles sein dunkles Licht.

Bauchspeicheldrüsenkrebs. Als Mutter ihre Diagnose erhielt, bekam unsere Welt Risse. Unser kleinliches Gezänke, unser Alltagsgenerve, unsere Enttäuschungen und Verletzungen im Laufe so vieler gemeinsamer Jahre – all das erschien auf einmal im dunklen Licht der Vergeblichkeit. Dieses Lied wurde mir zum Schlüssel zu mir selbst.

Ich sehe Reinhard Mey und Manni Leuchter. Zwei, die sich aufeinander verlassen, Freunde, zwischen die kein Zweifel passt. So war es mit Mutter und mir nicht. Ich erinnere, dass sie meinen Abi-Abschluss versäumte. Und als ich Pastorin wurde – nur zwei Dörfer entfernt von dem ihren -, war sie wohl stolz, verstand aber nicht, dass in dieser Position nicht alles gelingen kann. Mein Scheitern wurde ihres, sie konnte mir nicht beistehen und mich nicht stärken.

Karfreitag. In Nachtgedanken bewegt mich, warum das Sterben so schrecklich schwer ist. Warum Gottesferne sich so breit machen kann, warum Widerstand und Angst die Türen zu den Lebendigen verschließen.

Ich dachte, ich könnte Christus nicht mehr fühlen. Ich dachte, ich hätte meinen Glauben verloren. Aber in den Nachtgedanken, am Karfreitag, kann es gar keinen anderen Gott geben als diesen, der das alles auf sich nimmt.

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