Persönlich oder privat?

Urlaub, Essen, Familie – das sind die Themen, die in den sozialen Netzwerken als privat gelten und gut funktionieren. Kunst, Musik, Religion und die eigene politische Meinung – da kann es schon kritischer werden und kontrovers. Eigene Probleme, Alltagssorgen, Zweifel und Angst – so persönlich zeigen sich im Netz nur wenige.

Wie persönlich bin ich Netz und wie privat? Das darf jeder für sich selber entscheiden, und das ist gut so. Schwieriger wird es für uns, die wir beruflich im Netz unterwegs sind. Und wir, die wir mit unserem Namen für Kirche einstehen, haben es da besonders schwer. Wir wollen den Usern persönlich begegnen, wir stehen ja auch für unsere Sache ein, wir geben der Kirche unser Gesicht. Aber ganz ehrlich: Der private Kontakt im Netz kommt dabei zu kurz.

Ich hab auf fast allen Plattformen zwei Accounts: einen dienstlichen und einen „privaten“. Angefangen hat das, weil ich von nichts eine Ahnung hatte und auf dem jeweils anderen Account überprüfen musste, wie was dargestellt wird. Meinen privaten Facebook-Account habe ich sehr gemocht: Dort traf ich Menschen, die mit Kirche nichts zu tun haben. Fotografen-Kollegen, Künstler, Erinnerungs-Menschen. Menschen, die auch mal laut Scheiße sagen, Menschen, die das Leben lieben und die mich liebten, weil ich den Sommer mit Aperol-Spritz feierte.

Immer mehr vermischten sich die Accounts. Ich mochte niemanden abweisen, ich dachte, wenn das jemand lesen will, okay. Das ist hier halt Inke privat, das müssen sie akzeptieren.

Inzwischen ist mein Facebook-Account deaktiviert, und auch mein privater Twitter-Account ist eindeutig in seiner pastoralen Prägung. Zu krass empfanden manche die Diskrepanz, eine Pastorin muss doch, darf doch nicht, sollte doch – und ich reagierte immer wieder tief verletzt auf jene, die mich nicht so sein lassen konnten wie ich nun mal bin.

Was soll ich sagen? Mir fehlt eine Plattform, auf der ich privat sein kann. Ich möchte meine Fotos zeigen, mal auch jemandem meine Musik vorspielen, ich möchte unperfekt sein dürfen, wild und grenzgängerisch. Ich möchte auch im Netz ich selber sein: unangepasst, ein bisschen derb, ungebremst fröhlich und immer viel zu laut. Die Tür habe ich mir selbst verschlossen, vielleicht mangels Mut, vielleicht aus Rücksicht auf meinen Beruf und meine Berufung.

Persönlich ja, privat nicht? Für mich hat der Spagat nicht funktioniert. Aber das ist – ehrlich gesagt – in real Live genauso 😉

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