Was macht’s, dass ich so süchtig bin?

Mein Mann hasst Facebook. Es nervt, sagt er. Es ist überall, sagt er: im Urlaub, auf der Radtour, beim Fernsehen und vor dem Schlafengehen.

Das Schlimme ist: Er hat recht. Ich habe mein Smartphone immer bei mir. Und in regelmäßigen Abständen gucke ich nach Aktualisierungen. Ich mache zu wenig Musik, ich koche zu selten, putze nur, wenn ich muss – weil ich ständig im Netz herumhänge. Und einfach nur einen Film zu gucken, ist mir fast zu langweilig. Ich liebe es, parallel dazu auf meinem Tablet zu daddeln.

Was macht’s, dass ich so süchtig bin? Es ist die Vielfalt, die mich begeistert: Oh, Heinz aus Brunsbüttel gibt ein Konzert mit seinem Chor! Like! Michael aus Husum teilt einen interessanten Beitrag aus der Süddeutschen über die Zukunft der Kirche! Like! Heidi hat wieder mal einen Tanzwettbewerb gewonnen! Like! – Ich bin in Kontakt mit Menschen, denen ich sonst nie begegnet wäre.

Was macht’s, dass ich so süchtig bin? Die Netzgemeinschaft trägt so vieles mit: meine Selbstversuche mit Video, meine Fotos, meine Überlegungen, meine Sorgen. Sie urteilt nicht, sie bewertet nicht, sie freut sich mit mir über alles, was gelingt. Das sind schon einfach tolle Leute, meine Freunde und Follower. Ich mag sie wirklich.

Aber es ist eine andere Welt. Eine Parallelwelt. Ich verstehe, dass mein Mann genervt davon ist. Ihm erscheint das alles nicht real, es kommt ihm vor wie virtueller Trug, wie Teenager-Träumereien.
Aber vielleicht macht es grad dies, dass ich so süchtig bin? Ich kann gut mal Auszeit haben von der wirklichen Welt, von ihrer Kälte, ihrer Härte und ihrem immerwährenden Druck. Ich zieh mich zurück ins Netz – hier ist gut sein.

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