Ich bin Touristin in Ägypten. Man sieht es mir an: die Hautfarbe, die Kleidung – meist wissen die Einheimischen sofort, dass ich aus Deutschland bin, und die fliegenden Händler haben genug Brockendeutsch im Repertoire, um sich beharrlich aufzudrängen.
In jedem Hotel, in jedem Museum gibt es Sicherheitsscans und schwer bewaffnetes Personal, das nur wenig zu meinem Sicherheitsgefühl beiträgt. Sie haben die Ausstrahlung von DDR-Volkspolizisten und umgeben sich mit einem Image, als gingen sie zum Lachen in den Keller. Die Angestellten in den Hotels sind dienstbeflissen, aber distanziert. Die Straßenverkäufer hauen uns nicht nur übers Ohr, sie betrügen uns schamlos. Wir sind Gäste, und auch wenn die arabischen Länder sich ihrer Gastfreundlichkeit rühmen: Es bleibt das Gefühl, dass sie die verzogenen, überreichen Westeuropäer aus tiefstem Herzen verachten. Und wenn ich überbordenden Buffets in unseren Hotels, die Pools und die teuren Handtücher sehe, kann ich das sogar verstehen.
Zu dieser Verachtung trage ich bei. Ich rauche – wenn auch mit größter Rücksichtnahme. Und mein Durst auf das abendliche Bier steigt potential mit der spürbaren Herablassung, die mich als Frau noch stärker trifft. Vielleicht sollte ich es nachlassen, aber in mir regt sich Trotz. Auch ich verdiene Respekt und Achtung. Und wenn sie mich einerseits bei jeder Gelegenheit abzocken, dann darf ich ihnen andererseits auch meine Lebenskultur entgegenhalten.
Aber deutsch bleibt deutsch. Mein Zimmer hinterlasse ich picobello. Ich stelle das Geschirr zusammen. Ich hebe meinen Müll auf. Selbst meine Kippen entsorge ich grundsätzlich richtig, auch wenn auf dem Boden noch so viele andere Stummel liegen.
Und langsam kommt ein bisschen Heimweh: Ich sehne mich nach Speisekarten, die mich zuverlässig über den Preis informieren und ihn nicht nach dem Essen aushandeln. Ich sehne mich nach Schwarzbrot und nach Regen. Nach einem Aperol-Spritz am Außenhafen. Nach Sicherheit in den täglichen Verrichtungen. Nach Sicherheit in der Kommunikation. Nach meinem Mann und unseren Freunden. Nach unserer schönen Musik. Ich setze Kopfhörer auf und höre die Johannes-Passion mitten in den nubischen Wüste. Und auf dem Weg nach Luxor an Bauerndörfern vorbei, fernab von den touristischen Strömen, winken uns die Kinder freundlich zu.