Krückenleben

Ist schon ein Ding, wie so ein bisschen #Dreckshüfte das Leben verändert. Im Sommer habe ich noch große Touren gefahren, geprahlt mit meiner Fitness, meiner Sportlichkeit, meinem Ehrgeiz. Heute analysiere ich Raufasertapeten und denke mir schicke Namen für die diversen kleinen Helferchen aus.

Cozzé

Nach italienischen Miesmuscheln ist das Lagerungskissen benannt. Es roch beim Auspacken etwas nach Erbrochenem, von daher schlichen sich der Name und das Kissen in unsere Beziehung. Es ist 1,20 Meter lang und drängt sich beharrlich zwischen uns. Mir hilft es, die Beine so zu lagern, dass sie weniger weh tun. Zur Ruhe komme ich trotzdem nicht.

All around my brain

Eine ganze Palette von Schmerzmitteln sammelt sich auf meinem Nachtischchen. Opiate, NSAR, Cox-2-Hemmer, Metamizol. Sie könnten sich mit den Farben etwas mehr Mühe geben, finde ich, die sind alle irgendwie blass und blöd. Und weil ich geizig wie meine Mutter bin, spielen wir jeden Abend Ene-Mene-Ming-Pong, welches davon mich durch die Nacht begleiten darf. Irgendwas wird schon helfen. Oder auch nicht. Die Opiate kick ich jetzt raus. Da wird man blöd im Kopf von.

Der Thron der Halbgötter wankt.

Man sollte meinen, sie wären längst aus ihren weißen Himmeln gestürzt. Aber sie haben noch nicht verstanden und noch nicht in ihren Alltag integriert, dass wir Kranken uns inzwischen genauestens im Netz informieren, dass wir jedes Medikament kennen und prüfen, dass wir die verschiedenen Therapiemöglichkeiten im Auge haben. Nicht selten werden wir – gerade wenn die Erkrankung selten ist – tatsächlich zu Experten unseres Körpers. Das wegzustecken fällt Medizinern bis heute schwer.

Nun stell dich mal nicht so an

„Machen Sie sich mal nicht kränker als Sie sind“ – okay, das ist natürlich auch eine Diagnose – wenn auch eine, die hart zu schlucken gibt. Netter wäre irgendwie, die Patientin zu befragen, sie ernst zu nehmen, ihr Handlungsoptionen und einen Behandlungsplan aufzuzeigen. Mein derzeitiger 100-Meter-Radius und die konsequent schmerz-durchquälten Nächte sind es irgendwie nicht.

Und nun?

Keine Ahnung. Ist hier vielleicht auch nicht so wichtig. Meine Tage sind genervt, mein Alltag öde. Ich hasse Raufasertapeten. Es wird sich schon irgendwie Rat finden. Aber mein Vertrauen hat einen Knacks und mein Glaube an die Zukunft auch.

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