Von alten, weißen Frauen

Ich habs gesagt, ich werde es tun: Hier entsteht jetzt eine eigene Blog-Kategorie über das Altwerden. Das fühlt sich noch ein bisschen komisch an – es hat so viel mit Scham zu tun. Aber wenn @schaarserella über das Abnehmen podcasten kann, dann werde ich das wohl auch mit der Menopause hinkriegen.

Gerechtigkeit geht anders

Und da fängt es schon an: Ich kann mir das nicht schönreden. Mein Körper geht auseinander. Schweißausbrüche, Depressionen und Übellaunigkeit – das ist hier kein Vergnügungszirkus. Ich schimpfe auf das Frausein, das mir lebenslang nur Ärger eingebracht hat. Und wenn ich dereinst vor den Allmächtigen trete, dann werde ich ihm mal eine Predigt über Geschlechtergerechtigkeit halten, die sich gewaschen hat. Gerecht ist das alles nämlich nicht. Das ist eine Riesensauerei.

Was dem einen sein Heino…..

Aber das ist nur das eine: Ich habe Angst vor dem Mitleid der Jüngeren, ihrer ihnen selbst kaum bewussten Herablassung. Wenn sie mir die Welt erklären, dann fühlt sich das so an, als lebten wir nicht in derselben. Und das tun wir tatsächlich nicht: Ich kenne ihre Musik nicht, ihre „Oldies“ sind schon an mir vorbeigezogen, wir gucken nicht dieselben Filme, haben nicht denselben Humor. Meine geliebten Liedermacher klingen in ihren Ohren wie früher für mich Heino. Manchmal teile ich nicht ihren Optimismus, manchmal habe ich nicht ihren Mut. Und dann ist sie wieder da, die Scham. Ich bin alt. Ich kann bestimmte Dinge nicht mehr denken, hinter manche Überzeugung nicht zurück. Und eines will ich ganz bestimmt nicht: mich ihnen anbiedern, auf jung und flippig machen oder mich in zu enge Jeans zwängen. Ich will mir auch nicht die Haare färben. Ich bin so alt, wie ich bin. Basta.

Ein Fernseher ist auch nicht mehr das, was er mal war.

Aber ich habe auch Angst vor Krankheiten, vor dem Sterben. Ich habe Angst, dass wir eines Tages getrennt werden, ich kann mir ein Leben ohne meinen Mann nicht mehr vorstellen. Ich habe Angst vor Demenz. Wenn ich mal wieder meine Schlüssel verlegt habe, dann ist das nicht mehr die Schusseligkeit von früher, dann frage ich mich sofort, ob das nicht immer öfter passiert und ob ich auch in anderen Sachen vergesslich werde. Ich habe Angst vor dem Altwerden, vor Gebrechlichkeit, vor Abhängigkeit. Neulich habe ich es endlich geschafft, unseren Fernseher zu programmieren – ich dachte, ich müsste vor dieser blöden Flimmerkiste intellektuell kapitulieren. Wie soll das in zehn Jahren werden? Ich habe Angst, meine Arbeit nicht mehr zu schaffen.

Mit 55 Jahren, da fängt das Leben an

Okay, ich bin erst 55. Das ist nicht alt, das ist im Übergang. Da geht noch vieles. Ich bin gesund, wir sind zu zweit. Mein Leben ist wunderbar, schönes als jemals vorher. Ich will euch ein wenig mitnehmen auf meiner Reise, meine Sorgen mit euch teilen. Und falls ich das Altern eines Tages doch noch wunderbar finden sollte, dann sag ich Bescheid. Versprochen.

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