Von Trollen und ihren Gegnern

Dass man auch mal auf die Mütze kriegt, wenn man in der Öffentlichkeit im Netz seine Meinung sagt, ist klar. Gestern war es bei mir so weit: Mein „Wort zum Sonntag“ in der Tageszeitung und auf Facebook provozierte Widerspruch. Ich hatte mit Blick auf die Corona-Demos in Berlin für mehr Vertrauen geworben – das war anscheinend schon zu viel.

Trolle offenbaren sich schnell selbst

Ich hab die Beschimpfungen gut weggesteckt, keine Sorge. Sie waren banal und unsachlich. Einer sprach sogar von den Patrioten, die in Berlin ein großes, friedliches Fest feiern würden. Da wurde dann auch von ganz allein klar, wes Geistes Kind da schrieb. Es wäre richtig gut gewesen, wenn meine lieben Alltagshelden das einfach hätten so stehen lassen.

Niedermache von links und rechts

Aber wir Christen, wir Antifaschisten, wir Liberale können nicht gut still sein, wenn Unrecht geschieht. Der Ton wird dann leicht herablassend und belehrend. Dabei ist völlig klar, dass die Widerrede niemanden überzeugen wird. Im Gegenteil: Eine Aussage führt zur Nächsten. Sehr schnell entfernen sich die gegenseitigen Beschimpfungen vom Ursprungs-Thread, und ein Niedermachen von Links ist ehrlich gesagt auch nicht viel besser als das vom rechten Ufer.

Haltung zeigen oder Klappe halten?

ARD-Moderatorin Anja Reschke machte sich 2015 während der sogenannten Flüchtlingskrise einen Namen, indem sie sehr deutlich dazu aufforderte, Haltung gegen Nazis und Fremdenfeindlichkeit zu zeigen. Sie erntete Häme, Beleidigungen, Drohungen und Hass und wurde zugleich zum Vorbild für viele.

„Don’t feed the trolls“ heißt es dagegen unter erfahrenen Netz-Usern. Menschen, die im Netz hetzen, ziehen daraus ein Überlegenheitsgefühl. Jede Widerrede macht sie nur noch stärker. Sie sind unempfindlich gegen Argumente, und sie teilen so hartnäckig aus, dass selbst gelassene und vernünftige Menschen sich irgendwann mit gleicher Münze wehren.

Lasst uns das Netz mit Liebe fluten

Ich bin nicht ganz sicher, welches der richtige Umgang damit ist. Wenn wir die Hetzer blocken, ziehen sie sich noch weiter in ihre Filterblasen zurück und wir verlieren den Überblick, was sich da grade tut. Ihnen sachlich zu begegnen, ist meist fast unmöglich, weil sie ja keine Fakten liefern, denen man widersprechen könnte. Wenn ich könnte, würde ich diese Menschen gerne mit Güte fluten – denn ihr Hass ist ja nur „ein stummer Schrei nach Liebe“. Ich kann es alleine nicht. Aber vielleicht schaffen wir es gemeinsam?

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