Wir sind seit 25 Jahren verheiratet, und in dieser Zeit waren wir nicht viele Tage getrennt. Mal für eine Fortbildung, mal für einen Krankenhausaufenthalt – wir sind ein altes Ehepaar geworden, und oft denke ich, ich wäre ohne ihn nur halb.
Das war mit ein Grund, warum ich eigentlich kein Sabbatical wollte. Die Zeit zu zweit ist kostbar, schon morgen kann alles anders sein. Ich dachte: Was nutzt mir das schönste Erleben, wenn ich es mit niemandem teilen kann?
Aber ich genieße das einsame Erleben durchaus. Wir telefonieren fast täglich, haben morgens und abends Kontakt. Ich rede dann nicht wie ein Wasserfall, um ihn an meinem Tag teilhaben zu lassen. Es ist einfach schön, dass das Band trägt, auch über die Distanz.
Anderes ist richtig doof: Die Abende sind manchmal lang. Ich mag nicht allein durch Bars und Kneipen ziehen, schon ein Restaurantbesuch fühlt sich komisch an. Und wenn es Schwierigkeiten gibt, ist man zu zweit einfach besser aufgestellt.
Zwei haben es besser als einer allein, denn zusammen können sie mehr erreichen. Stürzt einer von ihnen, dann hilft der andere ihm wieder auf die Beine. Doch wie schlecht steht es um den, der alleine ist, wenn er hinfällt! Niemand ist da, der ihm wieder aufhilft! Wenn zwei in der Kälte zusammenliegen, wärmt einer den anderen, doch wie soll einer allein warm werden? Einer kann leicht überwältigt werden, doch zwei sind dem Angriff gewachsen. Man sagt ja auch: »Ein Seil aus drei Schnüren reißt nicht so schnell!«
Kohelet 4,9-12
Das Sabbatical nutze ich für Reisen, für die ich ihn nicht begeistern kann. Er dagegen geht zelten – das wiederum ist nichts für mich. Ich werde beim Alleinreisen selbstbewusster und lerne, dass ich auch halb noch bin. Alleinreisen ist möglich, manchmal sogar etwas unkomplizierter, weil es zur Not auch ein trockenes Brötchen am Abend tut und weil man sich einfach treiben lassen kann – auch in die falsche Richtung. Aber ehrlich gesagt: Lieber bin ich zu zweit.
Das Bild ist übrigens ist vom Zwischenstopp in München. Es schneit in fast ganz Deutschland.