23. März Sevilla

Der Alkazar-Palast macht mir fast weiche Knie vor Ehrfurcht und Bewunderung: Zahllose kunstvolle Ornamente, bunte Kacheln, hohe Bögen – zum ersten Mal macht das Wort „atemberaubend“ Sinn: Ich atme tatsächlich flacher, als ich den Palast betrete, so berührt bin ich von seiner Schönheit. Ich lerne schnell, die christliche Kunst von der maurischen zu unterscheiden: Muslime dürfen sich aus religiösen Gründen kein Bildnis machen, weder von dem, was im Himmel, noch von dem, was auf der Erde ist. Deswegen legen sie alle Ästhetik in Buchstaben und Formen.

Nicht weniger begeisternd sind die riesigen Gärten um den Palast herum. Alles duftet nach Orangen, den Wunderfrüchten meiner Kindheit. Hier wachsen sie an Bäumen! Das wusste ich zwar, hatte es aber bisher anscheinend nicht wirklich geglaubt, so sehr staune ich darüber. Dass sie gleichzeitig blühen und Frucht tragen verwundert mich nicht minder.

Am Nachmittag besuche ich die Kathedrale, das größte religiöse Gebäude der Welt, gebaut auf den Überresten einer Moschee. Hier steht das Grab Christopher Columbus, dazu zahlreiche Altäre in Gold und Silber. Ich bin des Geglitzers bald überdrüssig und mache mich hoch zur Giralda, die einst ein Minarett war und die statt eines Treppenhauses Rampen hat, damit auch Pferde hinaufkonnten.

Nachdenklich machen mich die Geistlichen vergangener Generationen, Kollegen ja irgendwie, die sich unbedingt in großen Monumentalsärgen zur letzten Ruhe betten mussten und in riesigen Epitaphen ihre eigene Heiligkeit verewigten. Sie waren teilweise Mörder, Vergewaltiger und Rassisten, oft Adlige, die ihre Ämter als Lehen erhalten oder geerbt hatten. Immer aber waren sie sündige Menschen wie du und ich. Warum tun wir uns als Kirche eigentlich so schwer mit unser Vergangenheit? Was haben Särge und Epitaphe im Haus Gottes verloren? Ich denke nach über die Bilder in unseren Kirchen.

Ich lerne Neues vom Islam: Islamische Kunst zeugt von dem hohen Respekt vor allem, was lebt. Christen dagegen erklären sich die Welt in Bildern und verlieren leicht das Bewusstsein ihrer Grenzen. Unsere inneren Bilder ertrinken in der Bilderflut der Jahrhunderte, und wir sind oft zu faul, Gott wirklich zu suchen.

Heute gibt es wieder ein Lied des Tages 😘:

Durch die weitere Nutzung der Seite stimmst du der Verwendung von Cookies zu. Weitere Informationen

Die Cookie-Einstellungen auf dieser Website sind auf "Cookies zulassen" eingestellt, um das beste Surferlebnis zu ermöglichen. Wenn du diese Website ohne Änderung der Cookie-Einstellungen verwendest oder auf "Akzeptieren" klickst, erklärst du sich damit einverstanden.

Schließen