28. April – Ancona

In Ancona suche ich nach Hinweisen auf das Massaker vom Juli 1555. Giovanni Caraffas war Papst geworden und machte umgehend das Versprechens seines Vorgängers rückgängig, das zwangskonvertierten und von der spanischen Inquistition vertriebenen Juden, sogenannte Marranen, in Ancona Heimat und Sicherheit bot. Von nun an mussten sie im Ghetto leben, 24 Menschen starben auf dem Scheiterhaufen.

Ich finde einen alten jüdischen Friedhof, auf das Ghetto gibt es keine Hinweise. Ich denke: Das Papsttum mit seinem früh festgelegten Absolutheitsanspruch ist die größte Katastrophe der Kirche, und ich kann nicht begreifen, dass die Katholiken sich so unendlich schwer tun mit ihrem synodalen Weg und der Demokratisierung des Systems. Denn wieder gilt: Allein demokratische Strukturen können den Gewalt- und Blutrausch Einzelner verhindern.

Meine Wege scheinen zufälliger als sie sind. Der Roman „Die Jüdin von Konstantinopel“ (er ist besser als der Titel vermuten lässt) erzählt die Geschichte von Gracia Mendes Nasi, die es sich zur Lebensaufgabe gemacht hatte, Jüdinnen und Juden freizukaufen und ihnen die Flucht aus Spanien und Frankreich zu ermöglichen. In Ancona versuchte sie, mit einem Handelsboykott den Papst in die Knie zu zwingen und ihre Glaubensgeschwister zu retten. Sie scheiterte. Aber mit ihrem Embargo schrieb sie Geschichte.

Warum ist nur der Friede der Religionen so ein zentrales Thema in meinem Sabbatical? Ich hab mich nie mit interreligiösen Fragen beschäftigt, bin auch keine Ökumenikerin und war nun ja weiß Gott auch keine Weitreisende. Das Thema hat mich gesucht und gefunden – wofür das gut ist, wird sich zeigen.

Ich bin froh, wieder in Italien zu sein. Kroatien hat mich bedrückt. Es ist, als ob seine sozialistische Vergangenheit noch in den Mauerfugen klebt, die absurd überhöhten Preise wirken dabei fast zynisch. Heute tauche ich ein in italienische Fülle und genieße es, die Welt um mich herum wieder ein bisschen besser zu verstehen.

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