Corona-Alltag

Corona bedeutet „Krone“. Ich hab das Zeugs nicht, ich kriegs wahrscheinlich auch nicht, weil ich im Kuhdreck aufgewachsen bin und die Gene eines nordfriesischen Rindviechs hab. Und trotzdem: Eine Krone hab ich mir immer anders vorgestellt. Denn der neu-königliche Alltag schwebt irgendwo zwischen Lotterleben und Langeweile, zwischen Küche und Computer, zwischen halbherziger Arbeit und halbherziger Musik.

Küche statt Kirche

Ich koche jeden Tag. JEDEN Tag. Alle Versuche, etwas für zwei Tage zuzubereiten, scheiterten an der Fressgier eines unserer Familienmitglieder. Mir gehen die Rezept-Ideen aus, es soll ja irgendwie auch realistisch sein und schnell gehen – und ich stelle erschrocken fest, dass meine Küche immer deutscher wird. Heute gab es Kassler in Blätterteig, gestern Scholle mit Buttersoße. Denkt euch den Rest, ich möchte nicht darüber reden.

Spinnweben und Geisterfäden

Ich putze jeden Tag, dochdoch! Und das entspricht in keinster Weise meinem Naturell. Aber weil ich ständig koche und weil wir drei ständig zuhause sind, wird alles ständig schmutzig. Und weil ich ständig zuhause bin, sehe ich Ecken, die ich noch nie zuvor gesehen habe: Fußleisten, von denen ich gar nicht wusste, dass es sie gab, die Vorhänge, die Türen, die Beschläge – es ist einfach ALLES dreckig! Ich hatte keine Ahnung, dass auch Lampenschirme schmutzig werden können!  Und im Keller bin ich noch nicht mal gewesen….

Krempel-Krams ist out

Weil wir alle so verfressen sind, muss ich dauernd einkaufen. Und, nein: Es macht mir keinen Spaß. Ich hasse es. In den Supermärkten ist alles friedlich, meist ist auch alles da. Aber wenn dann mal kurzzeitig ganze Regale leer sind, macht es mich richtig depressiv. Und der Aldi-Schrumps im Kassenbereich: Wie gerne hab ich darin gewühlt und manch Quengelware mitgenommen, die ich nicht brauchte und hinterher nie benutzt habe. Jetzt denke ich: Was soll der ganze Scheiß?

Wie lange kann Weile dauern?

Die Spülmaschine läuft täglich, die Waschmaschine nur noch einmal pro Woche. Manchmal habe ich Angst, dass die Jogginghose an mir festwächst, und ich muss mich zum täglichen Spaziergang zwingen, damit meine Jeans nicht vergisst, wo sie hingehört. Aber die Stadt sieht jeden Tag gleich aus, es langweilt mich, durch Husum zu gehen. Und der ganze Nippes, der Mode-Scheiß, die Schuhläden – was soll das alles? Ich habe vergessen, was mir Freude macht. Ich mag nicht mehr ans Meer. Mein Leben ist dümpelig geworden.

Und jetzt die Diskussion um die Gottesdienste. Pro Person 15 Quadratmeter. Das sind für die Marienkirche etwa 20 Besucher, in die Friedenskirche dürfen nur sechs. Sie dürfen nicht zusammensitzen, nicht miteinander reden, nicht singen – Leute, merkt ihr noch was? Das macht doch keinen Sinn.

Ein Happening – das wärs!

Es ist nicht alles doof. Mein Gefühl ist, dass mein Leben und meine Arbeit trotz alledem eigentlicher, sinnhafter geworden sind. Ich wurde aus dem Hamsterrad hinauskatapultiert und muss mich jetzt erstmal sortieren. Ich muss meine Freude wiederfinden, am besten, ich fange heute damit an. Ich gehe sie suchen. Wie früher, mit der Kamera. Oder ich stell mich mit der Gitarre in die Fußgänger-Zone. Oder lasst uns irgendein Happening mit Abstand machen, einen Flashmob, irgendetwas Schönes zusammen tun! Und danach dann zurück in den Dümpel-Alltag und ihn neu lernen – mit Singen, Beten und guter Arbeit in der Küche und am PC.

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