Lieber Treckerfahrer! Wir sind uns ja nur kurz begegnet, und ich habe mich nicht einmal vorgestellt! Also: Ich bin Inke Raabe, wohne in Husum und arbeite oft in Breklum. Wenn es möglich ist, fahre ich diese Arbeitsstrecken mit dem Fahrrad.
Ich hab Sie wohl kommen gehört auf dem schmalen Wirtschaftsweg, auf dem wir beide beruflich unterwegs waren – Sie mit dem Trecker, ich mit dem Fahrrad – und bin gleich ganz, ganz rechts gefahren, um Ihnen Platz zu machen. Dass das schwierig werden könnte, habe ich erst gemerkt, als von hinten Dreck auf mich fiel. Ich dachte, das sei Gülle und dachte auch: Ist vielleicht besser abzusteigen.
Zum Glück war es keine Gülle. Hinter Ihrem Trecker war ein Pflug gespannt. Ich hab Sie angelächelt, als Sie aus dem Trecker stiegen. Sie würden sich sicher wegen des Drecks entschuldigen wollen, dachte ich. Aber dann merkte ich, dass Sie sehr, sehr wütend waren.
Man müsse schon aufeinander Rücksicht nehmen, schimpften Sie. Und Sie könnten es sich nicht leisten, mit 15 km/h hinter Radlern hinterzutuckern. Und im Schimpfen wurden Sie immer größer und ich immer kleiner, und meine Worte erstarben nach und nach, bis Sie schließlich davonbrausten. Da erst merkte ich, dass Ihr Pflug Überbreite hat und dass Sie so ohne Weiteres nicht an mir vorbeigekommen wären.
Nun kommen mir langsam die Worte zurück. Ich hab ja hinten keine Augen, ich konnte nicht sehen, dass Sie so breit sind (und ich frag jetzt auch nicht, warum landwirtschaftliche Maschinen mit Überbreite eigentlich im Straßenverkehr zugelassen werden oder was Sie gemacht hätten, wenn Ihnen ein Auto entgegengekommen wäre). Als Radler mit relativ schmalen Reifen sind die Banketten für mich gefährlich: Die Teerkante ist an einigen Stellen mehrere Zentimeter hoch, da gleite ich dran ab und stürze. Steine und Sand sind ebenfalls Gefahrenquellen. Ich vermeide es, auf die Banketten auszuweichen, sie sind für mich meistens mit Absteigen verbunden.
Sie hätten einfach hupen können, anstatt mit Dreck nach mir zu werfen. Und in Freundlichkeit verpackte Wut ist eine eklige Mischung, die mir heute sauer aufstößt. Vielleicht zum Abschluss noch ein anderes Beispiel aus Ihrem Kollegenkreis: Ein Landwirt fuhr Gülle aus auf dem Feld am Radweg. Er war bestimmt hundert Meter von mir entfernt, aber es wehte ein kräftiger Wind aus seiner Richtung. Als er mich sah, stellte er die Maschine ab, um mich zu schützen. Das hätte er nicht müssen, aber es war überaus rücksichtsvoll und nett. Ihm sei an dieser Stelle gedankt.
